Ökofaire Kleidung

Wer sich für den Einkauf ökofair hergestellter Baumwollkleidung interessiert und Hintergründe kennenlernen will, sollte unbedingt diesen Artikel lesen (hier als pdf, hier als doc) und weiter verbreiten.

Im Schatten des weißen Goldes

Was war das für eine Revolution als neue Maschinen im 18. Jahrhundert aus den langen Sa- menhaaren einer Malvenpflanze plötzlich ohne großen Aufwand lange Fäden spinnen konnten! Der Bedarf an Baumwolle als wertvoller Rohstoff für Kleidungsstücke in Europa stieg sprunghaft an und dank der Sklaven in den Konföderierten Staaten Amerikas wurde Baumwolle zum begehrten weißen Gold für Plantagenbesitzer in Übersee und Industrielle in Europa. Die Baumwollproduktion stieg und stieg und liegt heute etwa bei 26 bis 27 Millionen Tonnen jährlich.

Eigentlich müssten Länder wie Indien, Pakistan, Burkina Faso, Benin, Tschad und Mali zu den reichsten Ländern der Welt zählen, denn in ihnen liegen große Baumwollanbaugebiete. Doch statt Schlagzeilen wie „Baumwollpflücker sind die neuen Lohnkönige“ oder „Verdient ein Baumwollpflücker mehr als die Bundeskanzlerin?“ sind es andere Meldungen, die wir in unseren Tageszeitungen finden:

  • „Am 26. Januar 2013, zwei Monate nach dem verheerenden Brand in der Tazreen Fab- rik mit 112 Toten ist wieder ein Brand ausgebrochen. Diesmal bei Smart Export Garments. Da das Feuer in der Mittagspause ausbrach, befanden sich glücklicherweise die meisten der 300 Arbeiterinnen außerhalb des Gebäudes. Jedoch sieben Arbeiterinnen mussten sterben, vier waren jünger als 17 Jahre. An der Brandstätte wurden La- bels von KiK gefunden, […]“
  • 11 % aller weltweit versprühten Pestizide landen auf Baumwolle. Jährlich sterben über 20 000 Menschen an den Folgen einer Pestizidvergiftung.
  • 2006 haben sich in der Region Vidarbha im westindischen Bundesstaat Mahrashtra über 1000 Baumwollbauern das Leben genommen. Sie hatten auf Gentechnik- Baumwolle umgestellt, die mindestens dreimal so viel Wasser benötigt wie herkömm- liche Baumwolle. Es kam durch das fehlende Wasser zu starken Ernteausfällen, au- ßerdem kostete das Saatgut und der benötigte chemische Dünger so viel, dass sie Kre- dite aufnehmen mussten. Gleichzeitig sanken die Marktpreise für Baumwolle und die Baumwollbauern blieben hoch verschuldet zurück, ihr Land wurde verpfändet, eine Perspektive war nicht mehr zu erkennen für sie.
  • In Usbekistan wird zur Baumwollernte staatlich angeordnet, dass die Schulen zu schließen sind. Zehnjährige Kinder werden zwangsweise als Erntearbeiter eingesetzt.
  • In den USA erhalten die Baumwollbauern jährlich zwischen 2 und 3 Milliarden US- Dollar an Subventionen, Spanien und Griechenland erhält von der EU etwa 275 Mill- lionen Euro an Zuschüssen für den Baumwollanbau. Der jährliche Verlust durch die US-Subventionen alleine für die CD4-Staaten (= Zusammenschluss der Länder Benin, Burkina Faso, Tschad und Mali) beträgt zwischen 43 und 126 Millionen Dollar (unter- schiedliche Werte je nach Studie).Vermutlich haben Sie noch andere Zeitungsmeldungen im Gedächtnis. Vielleicht ist auch schon wieder ein neues Unglück in die Schlagzeilen geraten.
    Sie haben nun verschiedene Möglichkeiten, auf diese Zeitungsartikel zu reagiere

Sie können mit lauter Stimme gegen die USA und ihre Subventionspolitik protestieren. Und dabei auch noch ihre Kollegen in der Mittagspause darauf hinweisen, dass ja China auch nicht besser ist, ganz im Gegenteil.

Sie können in Zukunft auf Baumwolle verzichten und nur noch Kleidungsstücke aus Leinen, reiner Schafwolle oder Perlon kaufen und ihr reines Gewissen pflegen.

Sie können zu ihrer Familie sagen: „Schlimm, das alles. Diese Zustände in Indien und Afrika.“ und bedauernd feststellen: „Dass man da so gar nichts tun kann!“

Sie können auch etwas wirklich Sinnvolles tun, nämlich Ihre Einkaufsgewohnheiten überprüfen und ändern. Alle, die diese Variante wählen, sind nun herzlich eingeladen, weiter zu lesen. Alle anderen dürfen die Lektüre dieses Artikels beenden, denn für sie kommt nichts Interessantes mehr.


Wie können wir aus dem Schatten des Baumwollhandels heraustreten und den Glanz des weißen Goldes für alle erfahrbar machen?
Die Antwort heißt: Beim Einkauf von Kleidung darauf achten, ob das Kleidungsstück unter fairen und ökologischen Bedingungen hergestellt ist. Fair bedeutet zum Beispiel: keine Ge- sundheitsschädigung für die Baumwollpflücker oder Näher, Existenz sichernde Löhne, rechtsverbindliche Arbeitsverträge, keine ausbeuterische Kinderarbeit und Begrenzung der Arbeitszeit. Im Gegensatz zum Lebensmittelbereich, der inzwischen gut etabliert ist, ist es bei Kleidung immer noch nicht ganz einfach, Kleidung zu finden, die unter fairen und ökologischen Bedingungen hergestellt wird. Aber wer will, hat zunehmend die Chance, wenigstens teilweise „saubere Kleidung“ einzukaufen.

Eine sehr gute Möglichkeit, sich zu informieren, bieten die folgenden beiden Internet-Adressen:

www.ci-romero.de/informieren

www.saubere-kleidung.de

Unter der ersten Internetadresse der Christlichen Initiative Romero finden Sie auch Bewertungen von Konzernen, Links zu Herstellern „Fairer“ oder „Grüner“ Kleidung und eine Beschreibung und Bewertung der verschiedenen Labels, die wir heute auf den Kleidungsstücken finden können.

Gerne leihen wir Ihnen auch unsere Informationsbroschüre „Fairtrade-Baumwolle – ein Gewinn für alle“ und die CD mit dem 10minütigen Film „Fairtrade-Baumwolle – anziehend anders“ aus (im FairKauf Zion). Im FairKauf Zion finden Sie auch fair gehandelte Strümpfe und Schlüpfer (gerne bestellen wir Ihre Größe), und Sie können in Katalogen von hessnatur, memo oder dwp stöbern nach fair gehandelter Kleidung. In der Umgebung gibt es Unterwäsche mit dem Fairtrade-Zeichen beispielsweise im Fabrikverkauf von comazo (unter der Bezeichnung „comazo earth“) in der Gründlacher Straße 313 in Fürth. Oder Sie kaufen im VAUDE- Store in Nürnberg (Kornstraße 6), eine Firma, die auf soziale Standards in der gesamten Pro- duktionskette achtet. Wie gesagt, die Möglichkeiten nehmen zu – halten Sie die Augen offen!

In diesem Sinne wünschen wir uns (und vielen Menschen, die in der Kleiderherstellung weltweit beschäftigt sind): „Halten Sie Ihre Kleidung sauber!“

Angelika und Markus Hunger

Bild: Dirk Kirchner, CC-Lizenz

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