Akti­on Kinderzimmer

Wir sind dabei gro­ßer mensch­li­cher Not begeg­net, aber auch viel Hoff­nung und Zuver­sicht. Und wir haben Men­schen ken­nen gelernt, die neben ihrem Stu­di­um oder ihrer Arbeit eine tol­le ehren­amt­li­che Arbeit tun.

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Kin­der­zim­mer nach erfolg­rei­chem Einsatz

Hil­fe zur rich­ti­gen Zeit

Am letz­ten Sep­tem­ber­wo­chen­en­de kamen unab­hän­gig von­ein­an­der von eini­gen Freun­den aus unse­rer Part­ner­ge­mein­de Mt.Lebanon in Pitts­burgh (USA) meh­re­re Anfra­gen, ob und wie sie uns hel­fen könn­ten in unse­rer Arbeit für Flücht­lin­ge. Wäh­rend ich über­leg­te, was ich ihnen ant­wor­ten soll, check­te ich mei­ne Face­book­nach­rich­ten und stieß dabei auf einen Hil­fe­ruf einer ehren­amt­li­chen Hel­fe­rin im Zwi­ckau­er Erst­auf­nah­me­la­ger, die dazu auf­rief, sie bei der Ein­rich­tung eines Kin­der­spiel­zim­mers zu unter­stüt­zen. Ich frag­te mich, ob das ein Zufall war, dass die­se bei­den Nach­rich­ten fast zeit­gleich bei mir anka­men. Ich glau­be es nicht. Ich sah und sehe es als Beauf­tra­gung von Gott. So nahm ich Kon­takt zu unse­rer Part­ner­ge­mein­de auf, frag­te sie, ob sie das auch so sehen. Sie bejah­ten das und stell­ten sofort einen statt­li­chen Geld­be­trag für die­ses Pro­jekt zur Verfügung.

Bier­tisch­gar­ni­tur und Pappkarton

Wir haben zunächst einen Besich­ti­gungs­ter­min ver­ein­bart und uns die Lage vor Ort ange­se­hen. Wer noch nie in einer sol­chen Unter­kunft war, dem geht das defi­ni­tiv nahe, was er da sieht: So vie­le Men­schen auf engs­tem Raum völ­lig ohne Pri­vat­sphä­re – Fami­li­en mit Kin­dern, Tee­nies, jun­ge Män­ner, eini­ge älte­re Men­schen, stil­len­de Müt­ter, schwan­ge­re Frau­en … In dem Raum, um den es ging, waren außer einer Bier­tisch­gar­ni­tur, einem Mini­re­gal und ein paar zer­fetz­ten Papp­kar­tons, in denen das Spiel­zeug lagert, nichts.

Raum vor dem Umbau
Das Kin­der­zim­mer im ursprüng­li­chen Zustand

Auf­grund der finan­zi­el­len Hil­fe unse­rer Part­ner­ge­mein­de in Pitts­burgh konn­ten wir drei gro­ße Rega­le, einen Schrank und eini­ge Kin­der­ti­sche und –stüh­le kau­fen, sowie einen grö­ße­ren Tisch mit ein paar Stüh­len. Far­bi­ge Plas­tik- und Tex­til­bo­xen für das Spiel­zeug, eine grö­ße­re Anzahl Plüsch­tie­re, Kuschel­kis­sen, ein paar Soft­bäl­le, Bunt­stif­te, Wachs­ma­ler und Mal­pa­pier, sowie eini­ge Süßig­kei­ten hat­ten wir auch dabei.

Der Auf­bau

Was wird sie wohl mit­ge­macht haben in ihrem noch kur­zen Leben? Und was wird aus ihr wer­den? Das waren die Fra­gen, die mir dabei durch den Kopf gingen.

Unser Auto war schnell ent­la­den, weil vie­le Flücht­lin­ge gleich hilfs­be­reit mit anpack­ten. Ein Mann aus Syri­en half den bei­den Män­nern aus unse­rer Gemein­de dabei, die Rega­le und Schrän­ke auf­zu­bau­en. Die Kom­mu­ni­ka­ti­on lief neben eini­gen Bro­cken Eng­lisch mit Hän­den und Füßen und sie hat­ten sicht­lich viel Spaß dabei. Drei Frau­en aus unse­rer Gemein­de sor­tier­ten das Spiel­zeug in die neu­en Boxen und ich ver­such­te mich dar­an, die Kin­der­ti­sche und ‑stüh­le zusam­men­zu­bau­en. Das Arbei­ten war nicht ganz leicht, denn das Zim­mer füll­te sich schnell mit neu­gie­ri­gen Kin­dern, die auch gleich alle mit­hel­fen woll­ten. Jeder von ihnen hat­te sich schnell eine Schrau­be oder einen Dübel geschnappt und such­te das Loch, wo das Teil viel­leicht pas­sen könn­te. Ein etwa 12jähriges syri­sches Mäd­chen, die her­vor­ra­gend Eng­lisch spre­chen konn­te, half mir dann dabei, mit den Kin­dern zu kommunizieren.

Leuch­ten­de Kin­der­au­gen, dank­ba­re Eltern

Eine Sze­ne, die mir per­sön­lich ganz nahe ging: Ein klei­nes syri­sches Mäd­chen schnapp­te sich den ers­ten fer­ti­gen Kin­der­stuhl, stell­te ihn mit der Leh­ne an die Wand, setz­te sich dar­auf und zog sich einen klei­nen Kin­der­tisch bis ganz dicht an den Bauch. So blieb sie regungs­los sit­zen, mehr als eine Stun­de lang — die Wand im Rücken, den Blick ins Zim­mer, ein aus­drucks­lo­ses Gesicht. Was wird sie wohl mit­ge­macht haben in ihrem noch kur­zen Leben? Und was wird aus ihr wer­den? Das waren die Fra­gen, die mir dabei durch den Kopf gingen.

Mich haben vor allem auch die leuch­ten­den Kin­der­au­gen berührt, die vol­ler Freu­de den neu­en Raum betrach­tet haben, sowie die Dank­bar­keit der Eltern, die wuss­ten, dass wir ihnen ein­fach nur Gutes tun wollten.

Nach etwa 6stündiger Arbeit haben wir voll­endet, was wir uns vor­ge­nom­men hatten.

Fertiges Kinderzimmer
Mehr Far­be, mehr Sitz- und Spiel­mög­lich­kei­ten, mehr Kinderzimmer

Wir sind dabei gro­ßer mensch­li­cher Not begeg­net, aber auch viel Hoff­nung und Zuver­sicht. Und wir haben Men­schen ken­nen gelernt, die neben ihrem Stu­di­um oder ihrer Arbeit eine tol­le ehren­amt­li­che Arbeit tun. Vor allem aber haben wir trotz rie­si­ger Ent­fer­nung die Ver­bun­den­heit zwi­schen unse­ren bei­den Gemein­den in der Wes­tern Penn­syl­va­nia Con­fe­rence und der Ost­deut­schen Jähr­li­chen Kon­fe­renz gespürt.

Eine Auf­ga­be wird blei­ben. Gern möch­ten wir die Kin­der­be­treu­ung dort in der Erst­auf­nah­me­ein­rich­tung wei­ter­hin unter­stüt­zen – nicht nur mit Mate­ria­li­en zum Bas­teln und Malen, son­dern wir suchen gera­de Frei­wil­li­ge, die mit­hel­fen, die Kin­der dort regel­mä­ßig zu betreuen.

Text und Bild: Lutz Brück­ner, Pas­tor der EmK, Frie­dens­kir­che Zwickau


Die­ser Arti­kel ist Teil unse­rer Kolum­ne „Du bist mir nah”. Wenn auch Sie eine Erfah­rung mit Flücht­lin­gen tei­len möch­ten oder selbst geflo­hen sind und hier davon berich­ten möch­ten, schrei­ben Sie uns. Wir freu­en uns über Ihren Beitrag! 

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